Werk

Die Sammlung des Kallmann-Museums umfasst Arbeiten aus allen Werkphasen Kallmanns. Bereits in dessen Frühwerk haben sich die drei wesentlichen Themen seines Schaffens – das Porträt sowie das Tier- und Landschaftsbild – herausgebildet. An den wenigen erhaltenen Bildern aus den 1930er und 1940er Jahren faszinieren das vielfach düstere Kolorit sowie die eindringlichen, intensiven atmosphärischen Werte insbesondere der Landschaftsbilder. In erdigen, gedeckten Farben hielt Kallmann mit Kohle und Pastellkreide Regentage, Feldwege in der Dämmerung und stimmungsvolle, oft mystisch anmutende Landschaften fest. Kallmann maß der Darstellung von Landschaft eine besondere Bedeutung zu. So formulierte er, „dass nichts selbstbildnishafter ist als die Darstellung einer Landschaft, in die der Maler alles hineingießt, was er empfindet. […] Erst wenn die Seelenlage des Malers die Identifikation mit dem Motiv erspürt hat, wird es zum Kunstwerk kommen.“

Nach dem Krieg lebte Kallmann von 1949-52 zunächst drei Jahre in Venezuela. Vermittelt durch südamerikanische Freunde erhielt er in Caracas eine Professur an der Akademie und wurde mit wichtigen Staatsaufträgen betraut. Er bereiste das Land und malte die Landschaft und die Menschen. Im Auftrag einer Ölfirma porträtierte er außerdem deren Angestellte, deren Bildnisse in der Firmenzeitschrift veröffentlicht wurden und an denen sich ein bis dahin unbekanntes Interesse Kallmanns an kräftiger Farbigkeit zeigt. Aber auch an den in Südamerika entstandenen Landschaftsbildern erkennt man die neuen Einflüsse, doch ist Kallmann auch hier nicht etwa an tropischen Farbräuschen interessiert, sondern eher an Zwischenbereichen des Atmosphärischen.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland entstehen vielfach buntfarbige Kompositionen, die bisweilen den Bereich der Ungegenständlichkeit berühren. Dabei folgte Kallmann nicht den künstlerisch vorherrschenden Trends, die eine ungegenständliche Kunst propagierten, sondern Kallmann blieb seiner expressiven gegenständlichen Malweise bis ins hohe Alter treu.

Seit den 1950er Jahren erlangt Hans Jürgen Kallmann vor allem als Maler von Porträts bedeutenden Zeitgenossen größere Bekantheit. Die Liste der von ihm Porträtierten liest sich wie ein Who’s Who Deutschlands. Er malte Theodor Heuss, Konrad Adenauer, Hans Knappertsbusch, Ernst Bloch und Bert Brecht, aber auch Papst Johannes XXIII. Mit seinen Porträts schuf Kallmann Bildnisse von großer Intensität und Ausdruckskraft, die durch tiefes Einfühlungsvermögen und eine feine Psychologisierung gekennzeichnet sind. Daneben aber gibt es eine Unzahl an Porträts, die keinem Auftrag entsprungen sind und an denen man Kallmanns Interesse für Menschen jenseits der gesellschaftlichen Mitte und offizieller Formen der Repräsentation erkennen kann. Patienten psychiatrischer Kliniken, kranke Menschen, Menschen auf dem Sterbebett oder, vor allem in den 1930er Jahren, vereinzelt auch Außenseiter der Gesellschaft waren wiederholt Motive Kallmanns, ebenso wie Schauspielerporträts und Szenen aus dem Theater, dem Kallmann seit seiner Jugend mit besonderem Interesse begegnete.

Kallmanns bevorzugte Maltechniken waren Ölmalerei und eine ungewöhnliche Mischtechnik aus Pastell und Temperamalerei, deren Rezept er stets geheim hielt. Als Zeichner bevorzugte Kallmann Pastellkreide, Kohle und ab den 1960er Jahren einen besonderen, lichtechten Filzstift. Beeinflusst von den deutschen Impressionisten Max Slevogt und Max Liebermann, sowie den Malern des Expressionismus, verband Kallmann eine expressive Geste mit figürlicher Darstellung. Die Lebendigkeit und Expressivität seiner Bilder steigerte Kallmann in der Ölmalerei durch seinen kraftvollen Pinselstrich und den pastosen, oft reliefartigen Farbauftrag.

Kallmann zeichnete vor Ort und hielt den frischen, ersten Eindruck seiner Beobachtungen in zahlreichen Skizzen fest. Je nach Sujet arbeitete er in der freien Natur, im Haus des zu Portraitierenden oder etwa im Zoo. Die Umsetzung in ein Ölgemälde erfolgte dann meist zuhause im Atelier.

Einen sehr kurzen, aber charmanten Einblick in Kallmanns Arbeitsweise als Porträtist gibt ein Kulturfilm von 1957: