Hans Jürgen Kallmann – Das Frühwerk

18. November 2017 bis 28. Januar 2018
Eröffnung: Freitag, 17. November 2017, 19 Uhr

Hans Jürgen Kallmann, ohne Titel, 1932, Kohle auf Papier, 37,3 x 29,5 cm, Leihgabe: Clemens Witkowski, © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Hans Jürgen Kallmann, der 1908 in Wollstein (damals preußische Provinz Posen) geboren wurde, zog mit seiner Familie nach dem Ersten Weltkrieg nach Halle an der Saale. Dort verbrachte er seine Jugend und begann 1925 ein Medizinstudium, das er allerdings nach acht Semestern abbrach. Bereits in dieser Zeit veröffentlichte der künstlerische Autodidakt Kallmann in der Saale-Zeitung und den Halleschen Nachrichten erste Zeichnungen.

Der Wunsch, Künstler zu werden, führte schließlich dazu, dass Kallmann 1930 nach Berlin zog, wo er ein Studium in der Meisterklasse bei Emil Orlik an den „Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst“ begann. Auch dieses Studium brach er aber ab – nach nur einem Semester. In Berlin knüpfte Kallmann wichtige Kontakte in die Kunstszene und wurde von Maler-Persönlichkeiten wie Max Slevogt gefördert. Trotz beginnender Anerkennung als Künstler lebte Kallmann unter schwierigsten sozialen Bedingungen in der Großstadt. Ein wenig Geld verdiente er mit Zeichnungen, die er für die „Mitteldeutsche Illustrierte“ in Halle anfertigte, wohin er regelmäßig fuhr. Es ist ein Glücksfall, dass 55 dieser frühen Zeichnungen erhalten geblieben sind und nun erstmals in einer Auswahl in Ismaning gezeigt werden können. Diese skizzenhaften, in Kohle und Tinte gefertigten „Reportagen“, wie Kallmann sie selbst nannte, entstanden in der Zeit um 1932 und zeigen Alltagsszenen aus der Stadt Halle und ihrer Umgebung, Tiere im Halleschen Zoo oder Eindrücke aus der Arbeitswelt. Kurt Sommer, Feuilleton-Chef der Illustrierten sowie Freund und Förderer Kallmanns, bewahrte sie auf. Erst kürzlich wurden Sie im Haus einer Tochter Kurt Sommers auf dem Dachboden wiederentdeckt.

In den Jahren nach 1932 erlangte Hans Jürgen Kallmann als Maler größere Erfolge, er erhielt Preise und Stipendien, u.a. für die Villa Massimo in Rom, wo er 1934/35 lebte und arbeitete. Seine Werke wurden in Ausstellungen präsentiert und von Museen angekauft, bis 1937 sechs seiner Arbeiten im Zuge der NS-Aktion „Entartete Kunst“ aus Museen in Berlin und Köln beschlagnahmt wurden, wodurch Kallmanns Karriere wie die so vieler seiner Zeitgenoss*innen einen entscheidenden Einschnitt erfuhr. Zwar konnte Kallmann im Geheimen weiter malen und gelegentlich auch einzelne Werke öffentlich zeigen, aber er blieb als Künstler praktisch isoliert. In den darauffolgenden Wirren des Zweiten Weltkrieges ging ein Großteil seines Frühwerks verloren, doch zeugen die erhaltenen Arbeiten von Kallmanns starker Schaffenskraft in dieser Phase seines Wirkens. Im Vordergrund seines künstlerischen Interesses stand für ihn dabei nicht die naturalistische Darstellung des Gesehenen, sondern viel eher eine dem emotionalen Erleben entnommene, ausdrucksstarke Charakterisierung von Mensch und Natur. Die reduzierte Palette, die wenige Buntfarben umfasst, trägt wesentlich zum schweren und unheilvollen Charakter vieler früher Arbeiten Kallmanns bei. Er selbst erkannte im Zusammenhang mit seinen in der Kriegszeit entstandenen Arbeiten den „Atem des Grauens, die Aschenfarbe des Verhängnisses“. Die starke Farbigkeit vieler expressionistischer Maler hingegen erschien ihm damals als nicht der Zeit angemessen.

In der Ausstellung zeigen wir neben den Hallenser Blättern eine Auswahl von frühen Arbeiten aus der Sammlung des Museums sowie weitere Leihgaben. Außerdem präsentieren wir erstmals einige Zeichnungen aus den 1920er Jahren.