AußenWelten – InnenRaum: Landschaft, Interieur, Stillleben. Bilder aus der Sammlung Brabant

3. Oktober bis 2. Dezember 2012
Eröffnung: Dienstag, 2. Oktober, 19:00 Uhr

Karl Hofer: Tessiner Landschaft, 1925, © VG Bild-Kunst, Bonn 2020

Mit über 90 Bildern stellt das Kallmann-Museum nach der großen Porträtausstellung im Jahr 2011 einen weiteren Aspekt der bedeutenden Privatsammlung Frank Brabant vor.

In 45 Jahren hat der Sammler mehr als 400 Kunstwerke zusammengetragen. Die Schwerpunkte der Sammlung Brabant sind die Malerei und die Grafik aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die Werke der „verschollenen Generation“. Die Themen und die künstlerischen Richtungen sind weit gespannt. Expressionistische Bilder hängen neben Arbeiten des kritischen Realismus und neusachliche Bilder neben Werken des expressiven Realismus. Darunter befinden sich große Namen wie Max Beckmann, Erich Heckel, Alexej von Jawlensky, Karl Hofer oder Max Pechstein, wie auch weniger bekannte Künstler von hoher Qualität wie zum Beispiel Rudolf Möller oder Anton Kerschbaumer.

Mit der Landschaft und dem Stillleben werden in der Ausstellung Sujets vorgestellt, die erst in der neueren Kunstgeschichte als Bildthemen einen inhaltlichen und künstlerischen Eigenwert erhielten. Landschaft diente vor der Renaissance nur als Kulisse zur Verdeutlichung von biblischen, historischen oder mythologischen Szenen. Erst mit dem Interesse an der Erforschung der Natur wuchs auch das Interesse an der Darstellung von Natur ohne erzählerisches Beiwerk. Stillleben wurden erst ab dem 17. Jahrhundert ein eigenes bildwürdiges Thema und ein eigener Gattungsbegriff. Zuvor dienten sie oft nur als Teil eines Gemäldes, als allegorische Hinweise auf die Heilsgeschichte, auf die Vergänglichkeit des Seins und zur moralischen Belehrung. Vor allem in den Niederlanden im 17. und 18. Jahrhundert erreichte die Stilllebenmalerei eine große Blüte mit der Spezialisierung auf einzelne Themen, die vom Blumenstillleben bis zum Jagdstillleben reichen.

Im beginnenden 20. Jahrhundert wurde das Thema Stillleben von den Künstlern besonders wertgeschätzt wegen der vielseitigen Möglichkeiten mit Form, Inhalt und Bedeutung zu experimentieren. So schafft Max Beckmann zum Beispiel mit seinem „Stillleben mit grüner Kerze“ einen dicht gedrängten Bildraum, der mit dem aggressiven Rot der Blüten und dem antagonistischen Grün der Kerze neben dem harmlosen Interieur mit Stillleben noch einen zweiten obskuren Subtext schreibt. Mit dem Bild „Winterapfel“ überschreitet Franz Radziwill die Gattungsgrenzen, so dass eine Gleichzeitigkeit von Stillleben und Landschaft entsteht. Die Aufbruchstimmung in der Kunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts und die tief greifenden gesellschaftlichen und politischen Umbrüche wie auch die verheerenden Kriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spiegeln sich ebenso in der Kunst wider, wie die Sehnsucht nach Natur und heiler Welt. Städte mit stürzenden, kippenden Fassaden und rauchenden Kaminen stehen in Kontrast zu idyllischen Landschaften. Kühle, neusachliche Interieurs stehen expressiven Stillleben gegenüber, die jede Art von Idylle verweigern.

Viele der Künstler, deren Werke diese Ausstellung präsentiert, waren unter der nationalsozialistischen Diktatur als „entartet“ verfemt, mit Ausstellungsverbot belegt oder verfolgt.

Nur die bereits international bekannten Künstler konnten nach 1945 ihre Laufbahn erfolgreich fortsetzen. Trotz eines qualitätvollen eigenständigen Werks gelang es den in den dreißiger Jahren noch wenig bekannten gegenständlichen Malern häufig nicht mehr sich in der überregionalen Kunstszene zu etablieren, denn die Kunstwelt wandte sich ab 1950 der Weltsprache der abstrakten Malerei zu. Diesen Künstlern, die der so genannten „verschollenen Generation“ angehören, ist in der Ausstellung ein besonderes Gewicht gegeben.

Heute wird das Schaffen der „verschollenen Generation“ in zunehmendem Maße entdeckt und in seiner Qualität erkannt und gewürdigt. Das ist vor allem den kenntnisreichen Sammlern zu verdanken, die unabhängig von Modeströmungen dieses Kapitel der deutschen Kunstgeschichte sammeln und durch Ausstellungen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken.