
Architektur
Das Kallmann-Museum wurde 1992 eröffnet. Es ist im Nachbau einer historischen Orangerie aus dem 19. Jahrhundert untergebracht und liegt im historischen Schlosspark von Ismaning, der von Friedrich Ludwig von Sckell zum englischen Landschaftsgarten umgestaltet wurde. Das Museum ist dem Maler und Zeichner Hans Jürgen Kallmann (1908-1991) gewidmet. Nach 30 Jahren Betrieb war eine umfassende Sanierung notwendig, um das Museum auf den technischen, energetischen und architektonischen Stand der heutigen Zeit zu bringen.
Ab Juli 2023 wurde das Museum umfassend modernisiert, erweitert, energetisch ertüchtigt und barrierefrei umgestaltet. Im Januar 2025 konnte es nach eineinhalb Jahren Bauzeit planmäßig wieder für die Besucher*innen geöffnet.
Im Mittelpunkt der Maßnahmen standen die Modernisierung der Museumsräume einschließlich der technischen Ausstattung, die Erweiterung des Museums durch die Überdachung des ehemaligen Innenhofs, die Verbesserung des Raumklimas und der Sicherheit, die barrierefreie Zugänglichkeit, die Versorgung mit erneuerbarer Energie durch Photovoltaik auf dem Dach und in der Fassade sowie die Neugestaltung von Fassade und Vorplatz.
Nähert man sich dem Museum vom Park aus, präsentiert es sich in einem neuen Gewand. Statt der alten Holzfassade, die witterungsanfällig und wartungsintensiv war, zeigt sich das Haus nun mit einer Fassade aus eloxiertem Aluminium, deren Farbton vom Gelb der Nachbargebäude im Ismaninger Schlosspark, wie Schlossmuseum und Schlosspavillon, abgeleitet wurde. Große Flächen der neuen Fassade wurden gefaltet ausgeführt, so dass sie aufgelockert erscheinen und ein lebendiges Farbspiel entfalten. Die vertikale Faltung, die sich auch an die Rindenstrukturen der umgebenden Bäume anlehnt, wurde eigens für das Museum entwickelt und stellt in stilisierter Form den Schriftzug „Kallmann-Museum“ dar.
Die ursprüngliche Struktur der Schrägfassade der Orangerie wurde beibehalten. Allerdings stellte die nach Süden verglaste Fassade das Museum vor große, insbesondere konservatorische Herausforderungen, da sie zu viel Licht und Wärme ins Gebäude ließ. Nun wurden in den Bereichen, die sich zum Foyer hin öffnen, Sonnenschutzgläser eingesetzt, und anstelle von zwei Dritteln der Fensterfläche Photovoltaik-Elemente installiert. Dieselbe Sonnenenergie, die in der Orangerie ursprünglich benutzt wurde, um Pflanzen mit Licht und Wärme zu versorgen, erzeugt nun Strom für das Museum.
Der bisher ungegliederte Vorplatz wurde als eigenständiger landschaftlicher Akzent im Schlosspark gestaltet, der behutsam zwischen Museum, Topiary und der englischen Parkanlage vermittelt. Zwei Baumkarrees aus Amberbäumen (Liquidambar styraciflua ´Worplesdon´) auf dem Vorplatz, die im Herbst ein betörendes rotes Farbspiel verbreiten, dienen zukünftig als Schattenspender und Regenschutz mit Sitzgelegenheiten im Freien und verbessern zudem das Mikroklima.
Bis es aber ein dicht geschlossenes Blätterdach gibt, vergehen einige Jahre, in denen die Bäume in die entsprechende Form gebracht werden müssen. Dafür wurde ein Gerüst aus Bambusstäben konstruiert, das bereits das Volumen des zukünftigen Blätterdachs zeigt. Diese Raumskulptur fügt sich in die Tradition des Ortes als früherer Barockpark, ehemalige Orangerie und Gärtnerei ein. In ihrer formalen Strenge trägt sie das Thema, Pflanzen zu erziehen, in die Gegenwart und schafft zugleich einen verschatteten Aufenthaltsraum.
Bereits 2005 hat anlässlich der BUGA der amerikanische Künstler Matt Mullican (* 1951) die Arbeit „Topiary“ entworfen. Die begehbare Installation, die vor dem Kallmann-Museum gepflanzt wurde, besteht aus Buchenhecken und lässt Assoziationen an ein Labyrinth, aber auch an einen Stadtplan oder architektonischen Plan zu. Eine weitere Installation Mullicans in Ismaning besteht aus einer Folge von 15 skulptural zugeschnittenen Buchenbäumchen, die den Weg vom Schlosspark entlang dem Ismaninger Grünzug bis zum Bürgerpark markieren.
„Topiary“ ist das englische Wort für die „ars topiaria“, die seit der Antike gepflegte Kunst, aus Büschen, Bäumen und Hecken durch Formschnitte künstliche Gebilde zu schaffen, eine Kunst, die im Barock eine besondere Blüte erlebte. So gab es auch im Ismaninger Schlosspark, der im 19. Jahrhundert zu einem englischen Landschaftspark umgestaltet wurde, in der Barockzeit entsprechende Formschnittbäume und -hecken. Die Installation „Topiary“ bietet damit vielfältige Verweise auf die Geschichte der Gartenbaukunst sowie auf die Geschichte des Ismaninger Schlossparks.
Das Innere des Museums präsentiert sich als moderner Museumsbau mit klaren, reduzierten Formen. Lichtdecken in den Ausstellungsräumen schaffen ideale Bedingungen zur Präsentation von Kunst und bieten ihr einen würdigen architektonischen Rahmen.
Im Foyer wurde ein Aufenthaltsbereich mit einem Café eingerichtet, in dem Kaffee und Kuchen mit angeboten werden.
Das Museum ist vollständig barrierefrei zugänglich und verfügt über eine entsprechende Toilette im Erdgeschoss.
Der frühere Innenhof wurde überdacht, wodurch ein 100 qm großer Raum neu entstanden ist, der die Ausstellungsmöglichkeiten des Museums erweitert und als Multifunktionsraum für Konzerte, Eröffnungen, Vorträge und Veranstaltungen dient. Insgesamt verfügt das Museum nun über rund 500 qm Ausstellungsfläche. Im Zuge des Umbaus wurden zudem die Haustechnik heutigen Museumsstandards angepasst und das Raumklima optimiert.
Museen gehören seit dem 19. Jahrhundert zu den herausragenden Bauaufgaben, an die besondere Anforderungen sowohl in gestalterischer wie auch in technischer Hinsicht gestellt werden. Dabei tragen insbesondere aufwändige Techniken zur Klimatisierung, Belüftung und Beleuchtung zu einem hohen Energieverbrauch bei, der für schlechte Klimabilanzen von Museen sorgt. Wie Museen im 21. Jahrhundert angesichts der Klimakrise und gestiegener Energiekosten dieser Problematik begegnen, ist ein Thema, das in der Museumslandschaft derzeit intensiv diskutiert wird – kreative Lösungen sind dabei, insbesondere im Bestand, kaum zu finden.
Das Kallmann-Museum geht mit seinem Umbau einen innovativen und konsequenten Weg. Die technischen und konservatorischen Anforderungen an einen modernen Museumsbau werden mit einer nachhaltigen Energiegewinnung und einem nachhaltigen Betrieb verbunden. Dass diese Lösung nicht in einem Neubau umgesetzt wird, sondern bei einem Umbau im Bestand, der die Planer und Architekten vor besondere Herausforderungen stellt, ist wegweisend.
In der Südfassade wurden Photovoltaik-Elemente installiert – in einer Schrägfassade, eingebunden in eine Pfosten-Riegel-Fassade, ist dies eine innovative Lösung. Zusammen mit einer neuen Photovoltaik-Anlage auf dem Dach decken sie den gesamten Strombedarf des Museums über erneuerbare Energien.
Das Museum wird weiterhin mit Fernwärme beheizt, die aus Geothermie gewonnen wird, so dass neben Strom auch Wärme aus regenerativen Energiequellen gewonnen wird.
Eine neue Dachbegrünung schützt das Klima, indem sie Regenwasser speichert, den CO2-Anteil in der Luft verringert, das Mikroklima verbessert und zum Erhalt der Artenvielfalt beiträgt. Außerdem hat sie, ebenso wie das neue Gründach auf dem Museumsvorplatz, thermische Effekte, die das Raumklima verbessern und zur Reduzierung des Energiebedarfs beitragen.
Fensterflächen wurden geschlossen, um die Dämmung des Museums zu verbessern, weiterhin bestehende Fenster und Türen wurden erneuert und das Museum wurde insgesamt besser gedämmt, so dass sein Energieverbrauch reduziert wird.
Die Maßnahmen wurden eng mit der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern abgestimmt und wurden auch dort sehr positiv und als beispielgebend aufgenommen.
Bauherr
Bauherr war die Prof. Hans Jürgen Kallmann-Stiftung.
Architekten
Ausgeführt wurde der Umbau von Venus Architekten in München.
Landschaftsgestaltung
Für die Gestaltung der Außenanlagen war das Büro Toponauten in Freising verantwortlich.
Grafische Gestaltung / Fassadenfaltung
Die Faltung der Fassade sowie die Gestaltung der grafischen Elemente lag bei Sofarobotnik.
Die Umbau- und Modernisierungsmaßnahme kostete rund 5,4 Mio. Euro. Trotz konjunkturell schwieriger Zeiten ist es gelungen, den Zeit- und Kostenrahmen einzuhalten.
Den wesentlichen Anteil der Baukosten hat die Gemeinde Ismaning getragen, die damit ein starkes Zeichen ihres kulturellen Engagements setzte.
Das Projekt wurde außerdem gefördert durch:
- Landkreis München
- Bayerische Landesstiftung
- Kulturfonds Bayern
Gefördert durch die Bundesrepublik Deutschland
Fördermittelgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages