Hans Jürgen Kallmann – Werke aus der Sammlung

24. Oktober 2020 – 28. März 2021

Ausstellungsansicht. Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2021

Hans Jürgen Kallmann ist vor allem mit seinen ausdrucksstarken Landschaftsdarstellungen sowie seinen psychologisch einfühlsamen Porträts berühmt geworden. Weniger bekannt hingegen ist, dass er sich dem Menschen auch auf andere Weise als im klassischen Porträt näherte. So tauchen in Kallmanns Malereien der 1950/60er Jahre wiederholt psychisch Kranke auf, die er bei Besuchen seines Bruders in einer psychiatrischen Klinik ausführlich beobachten konnte. Kallmann zeigt sie eingebettet in eigene Welten, die mehr emotional aufgeladene Farbflächen sind als dass sie Rückschlüsse auf tatsächliche Räume erlaubten. In der gleichen Zeit malt Kallmann auch Bilder mit maskierten oder verkleideten Figuren, deren Kompositionen rätselhaft, bisweilen phantastisch anmuten, während andere Werke isoliert dargestellter Menschen existenzielle Dimensionen von Einsamkeit oder Verzweiflung berühren.

Demgegenüber stehen Kallmanns Genredarstellungen von Alltagsszenen, etwa beim Friseur, im Zirkus, in der Theatergarderobe oder beim Sport. Kallmann setzt bei diesen Werken oft kräftige Farben ein und erreicht bisweilen einen hohen Grad an Abstraktion, der sein Schaffen der 1950er und 1960er Jahre kennzeichnet.

Ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung sind Kallmanns Landschaften, diese ausdrucksstarken Darstellungen einer unzugänglichen, vermeintlich ursprünglichen Natur. Besonders die frühen Werke aus den 1930er Jahren und den Jahren des Zweiten Weltkriegs sind düster und kühl in der Farbgebung und wirken oft verzweifelt ausweglos. Später hat Kallmann in seinen Darstellungen vom verwunschenen, urwaldartigen Reinhardswald bei Kassel eindrucksvoll die Zyklen von Leben und Tod einer Natur dargestellt, die sich unbeeinflusst vom Menschen entfaltet und vergeht.

Daneben sind in der Ausstellung weitere, für Kallmann weniger typische Themen wie beispielsweise ein Steinbruch zu sehen, bei dem die dick aufgetragene Farbe ein Eigenleben entwickelt. Und eine Auswahl von Porträts und Interieurs der 1970er und 1980er Jahre lässt uns der vergangenen Stimmung der Bundesrepublik Deutschland nachspüren.

Hans Jürgen Kallmann erfuhr seine entscheidende künstlerische Prägung im Umfeld expressionistischer Maler*innen in Berlin, wo er von 1930 bis 1944 lebte. Er gehörte zu einer Generation von Künstler*innen, deren künstlerische Entwicklung schließlich durch die Kulturpolitik der Nationalsozialisten stark beeinträchtigt wurde. So wurden 1937 sechs seiner Werke aus deutschen Museen beschlagnahmt. Anders aber als viele seiner Künstlerkolleg*innen konnte Kallmann nach dem Krieg, insbesondere als Porträtmaler, an frühere Erfolge anknüpfen. 1992 wurde in Ismaning das von ihm initiierte Kallmann-Museum eröffnet.